Regen! Endlich! War ja auch Zeit. Endlich mal einen Tag ohne schlechtes Gewissen zuhause bleiben um den Dingen nachzugehen, denen ich wirklich nachgehen muss... Es gibt viel zu tun... Wo anfangen? Das bezieht sich nicht nur auf den Blog... Und wie so oft, wenn ich auf Knopfdruck kreativ sein muss habe ich erstmal ein bisschen aufgeräumt, mein Bett gemacht, mir einen Kaffee gekocht... Sollte nicht mal wieder gefegt werden...?
Mal wieder sind in meiner langen Absenz nicht nur Reissäcke umgefallen am anderen Ende der Welt. Besuch kam, Besuch ging, Kirschen blühten und verblühten, Berge wurden bezwungen, Freundschaften wurden geschlossen. Die Zeit rast. Ich versuch es mal chronologisch...
Ende März kam Holger, mein erster Besuch. 3 Tage verspätet, aber zur wirklich allerbesten Zeit überhaupt.
Sakura! Ballermannstimmung im Yoyogi Park! Ich versuche, nachher noch ein paar Fotos online zu stellen um deutlich zu machen wie negativ die Präsenz von 10 Millionen anderen Menschen sich auf die romantische Stimmung eines blühenden Kirschbaums auswirkt. Trotzdem sind
Hanami Partys DAS Event überhaupt. Mit zig Gleichgesinnten dicht an dicht auf eine Picknickdecke gedrängt prägt sich der Begriff Nominication (von nomi=trinken, und communication). Daneben gabs natürlich das komplette Kulturprogramm: Karaoke, Tempel satt, interessante Begegnungen mit aggressiven Affen in freier Wildbahn (...mögen im Besonderen Strawberry Cheesecake...), und durchgeknallten Australiern, die im Spidermankostüm ahnungslose Touristen ansprechen um ihnen zu erklären dass sie im Aquarius Werbespot Vitamin E gespielt haben. Ein doch sehr rundes Bild von Japan muss ich sagen...
Nach kurzer Sightseeingpause kam dann Konstantin um sich in einem 3 wöchigen Urlaub intensiv mit Tempeln, Zen Gärten, leckerem Essen, handzahmen Rehen und den Besonderheiten japanischer Innenarchitektur auseinanderzusetzen.
Ich habs auch endlich mal geschafft, Shinkansen zu fahren. Erster Stop unseres 7-tägigen Japan Trips war Hiroshima, was mein zartes Gemüt nachhaltig geprägt hat. Nach einem langen und ergreifenden Nachmittag im Atombombenmuseum haben sich bestimmte Bilder wortwörtlich in meinen Kopf gebrannt, so dass mir noch 2 Wochen später beim Anblick eines brutzelnden Fleischstückes auf dem Yakiniku Grill ein kalter Schauer über den Rücken lief.
Einen Tag später haben wir dann weitaus erfreulichere Begegnungen mit putzigen Rehen und atemberaubender Natur auf Miyajima gemacht und sind abends zu unseren nächsten Zielen Okayama, Himeji und Kyoto und Nara aufgebrochen.
In Nara gabs neben ettlichen Weltkulturerbstätten wieder ein paar gefräßige Geweihträger die mit Spezialkeksen (wahlweise Landkarten, Sandwiches, Rucksäcken....) gefüttert werden wollten. Kawaiii!!
In Kyoto haben wir gleich 2 Tage verbracht. In einer Stadt mit ca. 2.000 Tempeln und sooo leckerem Essen könnte man allerdings genauso problemlos 2 Wochen verbringen... :-)
Nach dieser Woche quasi ununterbrochener Beerbung durch Unesco kamen wir mit einem unermesslichen Erfahrungsschatz wieder in Tokyo an um die letzten Urlaubstage etwas ruhiger angehen zu lassen.
Die interessanteste interkulturelle Begegnung haben wir dann in Shinjuku gemacht wo wir auf einer Parkbank von einer Japanerin angesprochen und 2 Tage später zum Essen zu ihr nach Hause eingeladen wurden. In einem sehr gelungenen Abend durften "Kontinental" und ich dann Maki-Suhsi rollen, Origami Kraniche falten und Natto probieren. Danach wurde das Kalligraphieset ausgepackt und über passende Kanjis für unsere Namen philosophiert. ("Wärst Du lieber Gemüse oder Rechtschaffenheit?") Nach langwierigem Entscheidungsprozess hatten wir dann beide sehr aussagekräftige Namen. Nach dem Motto: "Sophisticated meets simple minded"...
Inspiriert von diesem interkulturellen Austausch gab es am nächsten Morgen ein richtiges "Kontinental Breakfast": Bohnen, Seetang und gebratener Tofu mit Sojasauce - ans Bett. Herrlich.
Mittwochs darauf wurden wir abermals von unserem neuen Freundeskreis eingeladen. Diesmal zum
Hippo Family Club, einer Art Sprachschule für bis zu 19 Sprachen, die alle auf intuitive Art und Weise (hören und nachsprechen) erlernt werden sollen. Sprachunterricht ansich sind ja nichts ungewöhnliches. Als wir uns dann aber an den Händen haltend und zu einem koreanischen Kinderlied im Kreis tanzend in einem kleinen Seminarraum in Shinjuku wiederfanden, kam uns das dann doch etwas ähm.. koreanisch vor. Nichtsdestotrotz wurden wir mit einer solchen Herzlichkeit von den Happy Hippos aufgenommen, dass man auch über die etwas unorthodoxen Lehrmethoden hinwegsah.
Mittlerweile hat der Ernst des Lebens mich wieder eingeholt, und gleich werde ich mich an Pikatchu kuscheln, der schon mit seinen ewig roten Bäckchen und einem freudigen Grinsen auf meinem Kopfkissen sitzt und auf mich wartet...