Dienstag, 22. September 2009

Tadaima...

Ich bin zuhause. Irgendwie. Aber genauso wie mir mein Origami-Vögelchen in Tokyo seltsam surreal vorkam habe ich auch hier das Gefühl dass ich nicht wirklich ins System passe. Und so ging es mir schon 5 Minuten nach der Landung.
Nach fast 2 Tagen im öffentlichen Personennah- und Fernverkehr hat sich das (zugegebenermassen etwas einseitige) Bild über mein Volk verfestigt. Und selbstverständlich tut die deutsche Bahn ihr übriges zur nicht gerade zur positiven Grundeinstellung. Aber... Warum meckern die alle? Warum ziehen die per se ne Schnute? Warum wird sich bei Kleinigkeiten lautstark beschwert? Weshalb stellen die den Zugeingang zu bevor alle ausgestiegen sind? Warum wird bei Nichtigkeiten rumdiskutiert? Und warum entschuldigt man sich nicht wenn man jemanden anrempelt?
In der Kleinstadtidylle Erlangens macht der Passant mit Dackel macht den Mountainbiker rund "Ey, hier steht Radfahrer absteigen!! Kannst du nicht lesen?!" Aus dem Gesicht der Bedienung im Café springt mich eine erschreckende Lustlosigkeit an als sie feststellt, dass ich mich etwas nach hinten in den Raum gesetzt habe und sie mein Kännchen jetzt 5 Schritte weiter tragen darf. Willkommen in der Wüste denk ich. War das vorher schon so?
Man denkt dass man weiss was einen erwartet. Und das ist das tückische daran. Denn dann setz ich mich frühmorgens auf die deutsche Kloschüssel und - bbrrrr. Da isser wieder. Der Kulturschock.
Es ist auch nicht so dass in Japan alles Besser ist. Aber im Moment schweb ich im luftleeren Raum. Die Vergangenheit hinter mir, die Zukunft ungewiss, sitz ich in der Gegenwart und mach mir nen Kopf. Ich kanns nicht einordnen ob ich mich freue oder nicht. Ich bin noch nicht angekommen.
Alles fragt mich wie ich mich nun verändert habe. Ich glaube ich bin die einzige Person die das nicht beurteilen kann. Ich war ja die ganze Zeit bei mir. Wird man erwachsener wenn man 10 Monate nichts lesen kann? Bestimmt. Sicherlich.
Es gibt sowieso nur eins: Raus aus dem Schneckenhaus, Augen zu (oder vielleicht noch besser Augen auf) und durch.
Auf in den neuen Lebensabschnitt mit dem Besten aus Sake und Sauerkraut.

Freitag, 4. September 2009

Postkartensonderaktion

Die letzten Tage brechen an. Und wie ihr euch denken könnt hat sich jede Menge Zeug angesammelt. Darunter auch ganz viele wundervolle Postkarten. Deshalb... wer mir irgendwie seine Adresse zukommen lässt (über mail, Kommentar oder wie auch immer...) der bekommt eine wunderschöne Ansichtskarte samt liebevoll erdachtem und tiefgründigem Grußtext.
Angebot solange Vorrat. Teilnahmeberechtigt ist jeder der das hier lesen kann.

Mittwoch, 12. August 2009

Es ist grün, es hat Warzen - ich will es!

Ich weiss nicht wie viele gescheiterte Versuche noch nötig sein werden um mich endgültig davon zu überzeugen dass ich einfach nicht in der Lage bin, japanisches Essen zuzubereiten.
Man muss dazusagen: in Japan gibt es 2 Arten von Essen. Es gibt absolut leckeres Essen, von dem gar nicht so viel aufs Stäbchen passt wie man sich auf einmal in den Mund schieben will. Das nennt man hier oishii. Und dann gibt es noch… gesundes Essen. Man merke: Wenn du einen Japaner fragst: „Wie schmeckt das?“ und er antwortet „Kenko teki desu.“ dann fass es nicht an. So lange will man wirklich nicht leben. Needless to say – Goya gehört zweifelsohne zur Gattung des gesunden Essens. Man muss also nicht zwangsläufig schlecht gekocht haben, damit es ungenießbar schmeckt.
Ich weiß selbst nicht warum ich eine in meinem Lieblingskombini nebenan mitgenommen habe... Naja... ich weiß es schon. Wäre ich nur meiner ersten Eingebung gefolgt...
Aber mit Essen soll man nicht spielen, also habe ich das Gemüse brav kleingeschnitten, den Fruchtkern entfernt und es nebst weiteren willkürlich erworbenen Zutaten in die Pfanne gehauen. Der Tofu ist durch die Hitze und das Rühren natürlich gleich zerbröckelt. Ich nenne das mal frei interpretierte Molekularküche.
Als ich zu guter letzt meine Shiitake auspacke entdecke ich einen Pilz am Pilz. Na prima. Kann man das essen? Und warum können Pilze überhaupt schimmeln? Ist das eine Art Kannibalisierungseffekt? Was mach ich jetzt?
Nach 2 Sekunden Denkpause halte ich mir meine einzige Alternative vor Augen. Goya in Tofubrei. Klingt nicht nach besonders viel Handlungsspielraum. Also habe ich 10 Sekunden später eine multifungtionale Goya in Molekulartofu. Das wiederum klingt nach mindestens 3 Sternen. Ändert aber leider nichts am Geschmack.
Diesmal kanns nun wirklich nicht an mir liegen... Das Essen ist einfach zu gesund.
So nage ich gerade an den eisernen Notreserven (Mama’s Merci Packung - ein Überbleibsel von Weihnachten!) um mir den Abend etwas zu versüßen. Die Verbitterung über die missglückte Mahlzeit steht mir etwas ins Gesicht geschrieben.
Aber was lese ich da in meiner Lieblings-Online-Enzyklopädie?
[...die Pflanze (Goya) enthält antifungal wirksame Stoffe...] Das schreit nach einem Kühlschrankexperiment. Ich lege meine Goya neben die Pilze und lasse Mutter Natur ihr übriges tun. Mal sehen was davon morgen noch da liegt.
Ansonsten – geht’s mir gut. Wurde heute morgen von einem Erdbeben aufgeweckt. Am Sonntag hatten wir auch schon eins. Ich genieße meine letzten Wochen hier in vollen Zügen – vorzugsweise in der Yamanote.

Montag, 22. Juni 2009

The curly times...

Wer wie ich Naturlocken hat der weiß: Es gibt nichts besseres für den vollendeten Engelchenschopf als eine hohe Luftfeuchtigkeit. Und was soll ich sagen... seit Freitag kringelt und kräuselt es sich auf meinem Haupt und zwar ganz gewaltig. Die Regenzeit ist mit kleiner Verspätung angekommen.
Das Wetter variiert von nieselig zu mittleren Wolkenbrüchen. Es ist diesig. Die Aussicht vom Büro reicht im Moment nicht mehr allzu weit, ich habe den Dunst, der über der gesamten Stadt liegt anfangs für Smog gehalten, tatsächlich ist es einfach nur die Luftfeuchtigkeit. Vor die Haustür zu treten erinnert entfernt an einen Besuch im Dampfbad - noch nicht ganz von den Temperaturen her, aber das ist schließlich auch erst der Anfang.
Japan packt Regenschirm und Gummistiefel aus. Bin mal gespannt wie das noch wird.
Aber in gut anderthalb Wochen heisst es erstmal ab durch den Monsun, ans andere Ende der Welt und ein bisschen Heimurlaub machen... Ich freu mich auf euch!

Dienstag, 12. Mai 2009

Long Time no see...

Regen! Endlich! War ja auch Zeit. Endlich mal einen Tag ohne schlechtes Gewissen zuhause bleiben um den Dingen nachzugehen, denen ich wirklich nachgehen muss... Es gibt viel zu tun... Wo anfangen? Das bezieht sich nicht nur auf den Blog... Und wie so oft, wenn ich auf Knopfdruck kreativ sein muss habe ich erstmal ein bisschen aufgeräumt, mein Bett gemacht, mir einen Kaffee gekocht... Sollte nicht mal wieder gefegt werden...?
Mal wieder sind in meiner langen Absenz nicht nur Reissäcke umgefallen am anderen Ende der Welt. Besuch kam, Besuch ging, Kirschen blühten und verblühten, Berge wurden bezwungen, Freundschaften wurden geschlossen. Die Zeit rast. Ich versuch es mal chronologisch...

Ende März kam Holger, mein erster Besuch. 3 Tage verspätet, aber zur wirklich allerbesten Zeit überhaupt. Sakura! Ballermannstimmung im Yoyogi Park! Ich versuche, nachher noch ein paar Fotos online zu stellen um deutlich zu machen wie negativ die Präsenz von 10 Millionen anderen Menschen sich auf die romantische Stimmung eines blühenden Kirschbaums auswirkt. Trotzdem sind Hanami Partys DAS Event überhaupt. Mit zig Gleichgesinnten dicht an dicht auf eine Picknickdecke gedrängt prägt sich der Begriff Nominication (von nomi=trinken, und communication). Daneben gabs natürlich das komplette Kulturprogramm: Karaoke, Tempel satt, interessante Begegnungen mit aggressiven Affen in freier Wildbahn (...mögen im Besonderen Strawberry Cheesecake...), und durchgeknallten Australiern, die im Spidermankostüm ahnungslose Touristen ansprechen um ihnen zu erklären dass sie im Aquarius Werbespot Vitamin E gespielt haben. Ein doch sehr rundes Bild von Japan muss ich sagen...

Nach kurzer Sightseeingpause kam dann Konstantin um sich in einem 3 wöchigen Urlaub intensiv mit Tempeln, Zen Gärten, leckerem Essen, handzahmen Rehen und den Besonderheiten japanischer Innenarchitektur auseinanderzusetzen.
Ich habs auch endlich mal geschafft, Shinkansen zu fahren. Erster Stop unseres 7-tägigen Japan Trips war Hiroshima, was mein zartes Gemüt nachhaltig geprägt hat. Nach einem langen und ergreifenden Nachmittag im Atombombenmuseum haben sich bestimmte Bilder wortwörtlich in meinen Kopf gebrannt, so dass mir noch 2 Wochen später beim Anblick eines brutzelnden Fleischstückes auf dem Yakiniku Grill ein kalter Schauer über den Rücken lief.
Einen Tag später haben wir dann weitaus erfreulichere Begegnungen mit putzigen Rehen und atemberaubender Natur auf Miyajima gemacht und sind abends zu unseren nächsten Zielen Okayama, Himeji und Kyoto und Nara aufgebrochen.
In Nara gabs neben ettlichen Weltkulturerbstätten wieder ein paar gefräßige Geweihträger die mit Spezialkeksen (wahlweise Landkarten, Sandwiches, Rucksäcken....) gefüttert werden wollten. Kawaiii!!
In Kyoto haben wir gleich 2 Tage verbracht. In einer Stadt mit ca. 2.000 Tempeln und sooo leckerem Essen könnte man allerdings genauso problemlos 2 Wochen verbringen... :-)
Nach dieser Woche quasi ununterbrochener Beerbung durch Unesco kamen wir mit einem unermesslichen Erfahrungsschatz wieder in Tokyo an um die letzten Urlaubstage etwas ruhiger angehen zu lassen.
Die interessanteste interkulturelle Begegnung haben wir dann in Shinjuku gemacht wo wir auf einer Parkbank von einer Japanerin angesprochen und 2 Tage später zum Essen zu ihr nach Hause eingeladen wurden. In einem sehr gelungenen Abend durften "Kontinental" und ich dann Maki-Suhsi rollen, Origami Kraniche falten und Natto probieren. Danach wurde das Kalligraphieset ausgepackt und über passende Kanjis für unsere Namen philosophiert. ("Wärst Du lieber Gemüse oder Rechtschaffenheit?") Nach langwierigem Entscheidungsprozess hatten wir dann beide sehr aussagekräftige Namen. Nach dem Motto: "Sophisticated meets simple minded"...
Inspiriert von diesem interkulturellen Austausch gab es am nächsten Morgen ein richtiges "Kontinental Breakfast": Bohnen, Seetang und gebratener Tofu mit Sojasauce - ans Bett. Herrlich.
Mittwochs darauf wurden wir abermals von unserem neuen Freundeskreis eingeladen. Diesmal zum Hippo Family Club, einer Art Sprachschule für bis zu 19 Sprachen, die alle auf intuitive Art und Weise (hören und nachsprechen) erlernt werden sollen. Sprachunterricht ansich sind ja nichts ungewöhnliches. Als wir uns dann aber an den Händen haltend und zu einem koreanischen Kinderlied im Kreis tanzend in einem kleinen Seminarraum in Shinjuku wiederfanden, kam uns das dann doch etwas ähm.. koreanisch vor. Nichtsdestotrotz wurden wir mit einer solchen Herzlichkeit von den Happy Hippos aufgenommen, dass man auch über die etwas unorthodoxen Lehrmethoden hinwegsah.
Mittlerweile hat der Ernst des Lebens mich wieder eingeholt, und gleich werde ich mich an Pikatchu kuscheln, der schon mit seinen ewig roten Bäckchen und einem freudigen Grinsen auf meinem Kopfkissen sitzt und auf mich wartet...

Dienstag, 14. April 2009

Sandstrand, Schlafentzug und schwule Samurais

Ja... ich habe ein schlechtes Gewissen weil ich mich so lange nicht aus der Versenkung gemeldet habe. Und auch jetzt wird das wieder ein sehr kurzer Eintrag, es ist Dienstag morgen, kurz nach 8, gleich muss ich los...
Auf mittlerer Gasflamme blubbert gerade mein Teewasser (Milch für Kaffee ist aus) deshalb gibts gleich ganz traditionell Matcha aus der Müslischüssel.
Das Osterwochenende habe ich Freitag abend mit meiner ersten Mahjong Nacht begonnen. Gegen 6 Uhr morgens konnte ich dann einen Pong vom Kong unterscheiden und erste strategische Züge ins Spielgeschehen mit einfließen lassen.
Am Samstag ....oh mein Tee... lecker... hier weiß man dann auch warum das Grüntee heisst... Ist mit der gelben Brühe von zuhause nicht vergleichbar...also am Samstag jedenfalls haben wir nach der harten und geistig anspruchsvollen Nacht einen sehr ruhigen Tag in Enoshima am Strand verbracht. Sonne, leichte Brise, Meeresrauschen und Lichtschutzfaktor 50 (!) - traumhaft.
Und schliesslich musste ich Kraft tanken für den am Sonntag anstehenden Anstieg auf den Takao-san. Da war ich schonmal. Aber nicht um 5 Uhr in der Früh. Gelockt von der Vorstellung, dass man im Morgengrauen da so schöne Bilder machen kann und dass ich auf dem Gipfel dann ein authentisches Stück Leberkäse in meinen Händen halten würde habe ich es auch tatsächlich vollbracht, mich um 4(!!) unter unmenschlichsten Schlafentzugserscheinungen aus dem Bett zu quälen. Na man muss schon dazusagen dass es keine Schande ist, an Ostern zu derart unchristlichen Zeiten seinen Wecker zu überhören. Wir nennen jetzt auch mal keine Namen. Fleischkäse gabs trotzdem und Menschen machen ein Foto ja nur aussagekräftiger und lebendiger... Super Sonntag also.
Am Abend gabs bei Bier und Potato Wedges dann einen kleinen Exkurs in die japanische Kultur: Samurais sind schwul?! Nach Yoshis sehr anschaulich geschilderter Theorie mussten die Shogune im alten Japan auf die absolute Loyalität ihrer Untergebenen vertrauen können - und niemand verteidigt Haus und Hof eines anderen mit seinem Leben wenn nicht tiefere Gefühle mit im Spiel sind. Untermauert mit Beispielen aus der griechischen Mythologie "Kuck mal, wenn Achilles nix mit dem Patroklos gehabt hätte, meinst der wär dann so ausgeflippt und hätt den Hektor plattgemacht..?" klingt das sehr einleuchtend. Ich bleib mal dran an dem Thema...
So, dann geh ich mal ins Büro. Den Reisebericht von Holgers Aufenthalt muss ich noch nachreichen. Und die Fotos sind auch nicht wirklich aktuell... Chotto matte, ne??

Dienstag, 24. März 2009

Viel Wind um Nichts...

Ein ereignisreiches langes Wochenende liegt hinter mir.
Den Auftakt bildete ein spontaner Musicalbesuch mit einer spontan überschüssigen Freikarte für Wicked am Donnerstagabend. Da gehts um Hexen... und eine war grün. Das ist nicht die Kurzfassung, das ist alles was ich mit bestem Willen und angestrengtester Konzentration nach den 3 Stunden von der Storyline mitbekommen hab. Nichtsdestotrotz sehenswert.
Am Freitag dann schleppe ich Kiki auf die Anime Fair. Sehr bunt - also genau mein Fall. Der Hit: Das Manga-Girl Mousepad mit Gelbrüsten für die komfortable Handballenauflage. Mit einem ganzen Packen Flyer und Fotos von Pikachu und der Maus - ja, DER Maus - unserer deutschen ARD Maus (!) - gehen wir weiter ins Onsen. Mein erstes, aber mit Sicherheit nicht letztes Mal. Nach Aromamassage und Steintortourparcour (ich hab keine Fußreflexzonen, mein ganzer Fuß ist eine einzige Schmerzzone, da können die Steinchen noch so glatt und rund geschliffen sein...) flacken wir uns entspannt in das wohlig warme Wasserbad. Getreu dem Motto: Nur nicht mit dem Heizen geizen...
Das nächste mal darf dann auch der Fischdoktor an meinen Füßen knabbern und fertig ist der perfekte Relaxabend.
Am Samstag haben wir dann einen echten 600er bezwungen! Bei strahlendem Sonnenschein auf den Gipfel des Takao-san, anschliessend bei strahlender Leuchtreklame in den GAP in Shibuya (2 Hosen, reduziert!) Die perfekte Symbiose aus Berg- und Shoppingtour....
Und weils so schön war (also das Bergsteigen...) wollten wir am Sonntag gleich nochmal.

Auf gings nach Yokohama, und von dort erstmal mit der Fähre nach Chiba. Schon vor dem Ablegen erklärt uns die Dame am Schalter dort wortreich daß wir zunächst mal kein Return Ticket kaufen sollten, da wegen starkem Wind noch nicht genau feststünde, ob die Fähre nachmittags auch wieder zurückfährt... Abgeschreckt hat uns das selbstverständlich nicht. Der tatsächlich hohe Seegang hat uns dann allerdings sehr schnell davon überzeugt, beim Rückweg auf alternative Verkehrsmittel umzusteigen. Nach dem Anlegen waren wir sogar so froh über festen Boden unter den Füßen dass wir nichtmal freiwillig in die Gondel in Richtung Berggipfel gestiegen wären. Generell habe ich von dieser Seilbahn nur viel Seil aber herzlich wenig Bahn gesehen - wohl auch aufgrund des Windes, der uns in der Tat ziemlich stark um die Nase geblasen hat. Und zu Fuß? Bei dem Wetter nicht wirklich. Bevor es einen über die Klippen weht... Plan B: ein kleiner Abstecher zum Ikea und dann schnell zurück nach Tokyo.
Gesagt, getan, und so stehen wir nach gefühlten 20 Minuten Aufenthalt wieder am Bahnhof.
Auf halber Strecke in irgendeiner schranzigen Bimmelbahn (es lag tatsächlich Müll auf dem Boden!!) geht es plötzlich nicht mehr weiter. Wir sitzen zusammen mit dem Müll auf dem Bahnhof von irgendeinem Kaff fest. Auf den Bahnsteiganzeigen flackern munter knallrote Kanjis (und NUR Kanjis) über die Bildfläche. Nur die Uhrzeit können wir lesen... War 15:14 denn nicht schon vor einer halben Stunde? Irgendwann nimmt sich Jeanny ein Herz, packt ihr ganzes Japanisch aus und frägt einen anderen Passagier. "Wegen dem starken Wind können die Züge nicht losfahren..."
Irgendwann gegen 18 Uhr und nach einem kompletten Tag im japanischen Nahverkehr sitze ich dann wieder leicht entnervt in meiner warmen kuscheligen Wohnung.
Und jetzt muss sogar mein kleiner Bruder noch unter den japanischen Wetterbedingungen leiden... Eigentlich sollte er heute für einen 10-tägigen Urlaub hier ankommen, aber in Narita ist pünktlich am Montag morgen eine Transportmaschine in die Landebahn gecrasht (kein Witz: wegen dem starken Wind). Bleibt zu hoffen, dass bis Freitag (wenn der Ersatzflug landet) wenigstens die Sonne wieder scheint. Bis dahin heisst es Abwarten... Die Ruhe vor dem Sturm sozusagen...

Donnerstag, 5. März 2009

Copy and Paste

Japanische Kochpremiere bei Lamms...
Man nehme: einen Packen Misopaste, einen Klops Tofu, Sushi-Seetangblätter, und ein paar Lauchröllchen, schneide letztere 3 Zutaten in mundgerechte Stücke, vermenge alles in einer Schüssel, übergieße es mit siedendem Wasser. Umrühren - fertig.
Klingt einfach, ist einfach, sieht einfach toll aus und schmeckt... ja nach was eigentlich?
Nennen wir es mal dezent. Die dominanteste Komponente meiner Misosuppe ist... Wasser.
Das nächste Mal also mehr Paste.

Sonntag, 1. März 2009

Trübe Aussichten

Einen Regentag in Tokyo erkennt man daran, dass bei einem Blick aus dem Fenster alles unter einem neblig grauen Schleier hängt. Erst auf den 2. Blick macht man vor dem trüben Hintergrund farblose Tropfen aus und packt einen Schirm ein bevor man aus dem Haus geht.
Diese Woche hat es fast ununterbrochen geregnet. Im Foyer des Siemens Towers liegen dann große Teppichbahnen auf dem schwarzen Steinboden und kurz hinter der Eingangstür steht eine Regenschirmspritzwasserauffangsvorrichtung bereit (sorry, ich hab keine Ahnung wie ich es sonst nennen soll).
Aus dem Büro im 20. Stock dann bilden Betonmeer und Himmel ein farblich stimmiges Bild.
Die letzten Tage waren außerdem bestimmt von einem kleinen Schnupfen und einer Reihe von Abschiedspartys. Der Siemens Zoo vermisst jetzt seine Kröte und im Karaoke müssen wir zukünftig ohne französische Verstärkung auskommen. Mit wem singe ich jetzt My Immortal?
Der Stimmung angemessen weint der Himmel mit. Aber selbstverständlich ist es nicht immer so trist.
Um das mal am Wetter und der damit verbundenen Aussicht aus dem Office zu verdeutlichen: An klaren Tagen sieht man bis zu den Bergen am Horizont, eigentlich sogar bis zum Fuji. Nur dadurch dass sie 3 Blocks weiter einen neuen 40-stoeckigen Wolkenkratzer hochziehen, fällt das Panorama seit Neuestem etwas spartanischer aus.
Aber es ist immer noch atemberaubend. Vor allem Nachts, wenn die Lichter aus Millionen von Fenstern die Shilouetten der Hochhäuser in die Dunkelheit zeichnen. Dann gibt die Skyline von Tokyo das her, was man sich von ihr erwartet. Nach einem langen Arbeitstag stehe ich immer wieder ganz fasziniert am Fenster und sehe mir die Stadt an.

Anbei für alle die es interessiert noch die Aktivitäten der vergangenen Wochen(enden):
Abschiedsparty mit Clubbing anschliessendem Sushi-Essen beim Tsukiji, Karaoke (mehrfach), Sushirollkurs (ich hasse es wenn Reis an meinen Fingern pappt), Besuch der Singapuris (Kill Bill Restaurant in Roppongi, Omotesando mit Harajuku und Meiji-Schrein Tour, Shinjuku Gyoen Park incl. erster Sakura Bilder), Chinesischer Neujahrsumzug im Chinatown von Yokohama.
Heute: Gammelsonntag :-)

Sonntag, 1. Februar 2009

Höhepunkte durch Tiefststände und Knutschflecken ohne Knutschen

Gestern war ich mit der Kiki in Ueno. Zum 2. Mal. Ursprünglich bin ich letzte Woche am Sonntag mal auf Empfehlung hingefahren um mir im Ueno Park ein bisschen die Beine zu vertreten. Und dann hab ich ganz nebenbei Ameyoko entdeckt. Ein Labyrinth von Seitenstrassen unter den Bahntrassen der Yamanote Line mit herrlich ramschigem Flair. Dort werden Fischfilets und Algenblätter feilgeboten, es gibt grünen Tee neben Straßenständen mit duftenden Eieromelettes. 2 Ecken weiter füllt ein Marktschreier für 1.000 Yen eine Plastiktüte randvoll mit Schokolade.
Inmitten dieses bunten Treibens entdecke ich sie und eine alte Leidenschaft flammt wieder in mir auf... Wühltische. Eigentlich ist "Wühltisch" schon eine sehr wohlwollende Formulierung. Sie nennen sich selbst "Outlets", in diesen engen und sehr schmucklosen Geschäften stehen simpel Kartons auf dem Boden. Darin türmen sich Klamotten jeglicher Farbe, Form, Größe und Marke. Wohlfühlfaktor beim Kauferlebnis = 0, aber den Preisen nach zu urteilen ist hier alles von ganz ganz weit oben aus dem Laster gefallen.
Auf meine Frage ob auch Kreditkarten akzeptiert werden, bricht der Verkäufer nur in Gelächter aus und meine schon chronisch viskose Finanzlage zwingt mich, mich vorerst mit einer blauen adidas Jacke und einer Trainingshose zu begnügen.
Aber ich komme wieder. Diesen Samstag habe ich Kiki im Schlepptau. Ihr habe ich nämlich erzählt was ich für meine Jacke bezahlt habe. (600 Yen... noch jetzt läuft mir beim Gedanken daran ein wohliger Schauer über den Rücken) Und da wir beide frisch angemeldete Fitnessclubberinnen sind, ist das der ideale Zeitpunkt sich mit adäquater Trainingsgarderobe einzudecken. Seite an Seite stehen wir an den Kartons, Schwestern im Geiste, ziehen Hose für Hose aus dem Textilberg vor uns, zwängen uns zu zweit in eine winzige Umkleidekabine und erliegen einem wahren Kaufrausch.
Ausbeute: 6 Sporthosen (5x adidas 1x Reebok) 2 Trainingsjacken (1x adidas, 1x Reebok) 1 Paar Turnschuhe (...adidas) und 2 Taschen (auch adidas) - das war jetzt nur mein Anteil, versteht sich von selbst, ne? Als wir vor lauter Streifen nur noch Sternchen sehen, machen wir uns endorphinbeflügelt auf den Nachhauseweg.
Im meiner Wohnung stelle ich fest, dass der Shopping Marathon seine Spuren an mir hinterlassen hat. An jedem Handgelenk habe ich einen kleinen knutschfleckartigen Bluterguss. Zeugen der schweren Tragetaschen, die sich auf dem beschwerlichen Weg den Gotanda Hill hinauf tief in mein Fleisch geschnitten haben.
Zumindest kann ich mich jetzt stilvoll und optimal klimatisiert an den Stepper im Tippness stellen...

Donnerstag, 8. Januar 2009

Würgereflex die Zweite: Are you f*ckin' Nattō??!!

"Wenn man kein Nattō gegessen hat, dann war man nicht in Japan." sagt der Hieu, der Scherzkeks und schiebt mir im Sushilokal bedächtig ein Tellerchen hin.
Allein die Optik erinnert an in Seetang eingeschlagenes Erbrochenes. Auch den Geruch muss ich schon wieder verdrängt haben. Aber der Geschmack! Vielmehr die Kombination aus einem nur sehr schwer in Worte zu fassenden Geschmack und der schleimigen Konsistenz machen diesen Bohnenbrei zu dem - by far - ekelerregendsten Essen was mir je zwischen die Kiefer gekommen ist. Ja und da hält sich dieses Zeug hartnäckig. Bei jedem Schluckansatz setzt der Würgereflex ein. Bestimmt eine halbe Minute lang versuch ich es immer wieder. Keine Chance.
Als wäre der Tag nicht schon zum Kotzen genug gewesen.
Vielleicht hilft die bewährte Spültechnik. Schnell! Bier! Wo ist das Bier?! Ach stimmt, auf Hieus Schuhen. Es gab nämlich nicht nur Sushi in dieser Lokalität, es gab auch einen vollautomatischen Biereinschenkautomaten. Klasse Teil, einfach Geld reinschmeißen, und das Glas wird bis zum Eichstrich vollgefüllt und mit einer Schaumkrone versehen. Und der Hieu war natürlich mordsstolz, dass er uns so ein Wunderwerk der Technik life vorführen konnte. So ganz vollautomatisch gings dann aber doch nicht. Da stehen wir zu viert vor diesem Bierautomaten, schmeißen erwartungsvoll unsere 500 Yen Münzen ein und denken... Irgendwas fehlt doch jetzt... Und der Bierstrahl ergießt sich schon in hohem Bogen auf Schuhe, Teppich und einfach allem im Umkreis von 2 Metern als wir perplex feststellen: eigentlich hätte da jetzt noch ein Glas aus dem Automaten rausplumpsen müssen.... Diese Aktion hat zweifelsohne meinen Tag gerettet!
Zurück zum Nattō. Zu meiner Schande muss ich leider gestehen, dass ich vor der japanischen Geheimwaffe absolut kapituliert habe. Nix zu machen. Das Zeug ging nicht runter. So streckte mir Martina irgendwann mitleidig ein Tempo hin und ich habs wieder ausgespuckt.
Wer mich jetzt für verweichlicht hält, der möge sich den entsprechenden Wikipediaeintrag zu Gemüte führen. Unterfüttert mit sehr anschaulichem Bildmaterial...
Prost Mahlzeit. Machts mal gut. Ich hau mich aufs Ohr.

Dienstag, 6. Januar 2009

Asi(a)milation in process...

Heut hab ichs getan. Vor 2 Tagen habe ich mich noch lustig gemacht über die Japanerinnen die in Ihren Hotpants und Riemchensandaletten mitten im Winter barbeinig der Kälte trotzen, und heute steige ich ganz mutig selbst ohne Söckchen in meine neuen weißen High Heels... Schließlich harmonieren die perfekt mit meinem Oberteil, und sehen mit Strümpfen etwas dämlich aus.
Okay.. war schon etwas frisch um die Zehen... und morgen muss mich Masatoshi bestimmt wieder mit Kampo vor schlimmeren Folgen bewahren. Aber hübsch wars...
Kalte Füße von Japan? Keine Spur. Das Land wird täglich besser.
Aber der Reihe nach... es gibt viel zu erzählen. In den letzten 2 Wochen ist so einiges passiert.

20.12. Asakusa
Hierzu sehe man sich am Besten die Bilder an. Asakusa ist ein Stadtteil von Tokyo der sich sehr gut zum Souvenirkaufen eignet. Es gibt einen Tempel, jede Menge Mochi Fressstände, allerhand sonstigen Krimskrams und einen überdimensionierten roten Lampion.

23.12. Kaiserpalast
Tja.. ähm.. das ist widerum eine längere Geschichte... Alle Jahre wieder hat der japanische Kaiser Geburtstag. Dieser Geburtstag des amtierenden Kaisers ist dann immer ein Staatsfeiertag (derzeit der 23. Dezember) und an diesem einen Tag im Jahr ist auch der Kaiserpalast (oder besser das Areal um den Kaiserpalast) für Besucher geöffnet. Da wollte ich natürlich hin.
Was ich dann auch gleich nach dem Aufstehen gemacht habe. Blöd nur dass der Abend vorher etwas länger gedauert hat, und ich somit meine zarten Äuglein erst nachmittags wieder an das Tageslicht gewöhnen konnte... Und hab ich mich gefreut, als kurz vor 15 Uhr in Windeseile die beiden Kontrollschleusen durchpasst habe (einmal Taschen filzen, einmal Abtasten). Fast keine Japaner mehr da. Und morgens um 9 sind die bestimmt alle ewig Schlange gestanden. Vom linken bis zum rechten Ohr grinste die Schadenfreude aus mir heraus. Einen Nachteil hat es aber doch, nicht inmitten einer Horde kleiner gelber Menschen das kaiserliche Gartenareal zu betreten: Verlust der Schwarmintelligenz. Und das bei meinem Orientierungssinn. Wo war nochmal der Palast? Der kaiserliche Garten ist groß! Und weitläufig.
Nach 2 Stunden habe ich jeden Bonsai und Bambus intensiv begutachtet, aber immer noch keinen Palast entdeckt. Der hatte auch nur von 9 bis 11 seine Pforten geöffnet... Das habe ich aber erst etwas später erfahren...

24.12. Weihnachten
Wie feiert man Weihnachten in Japan? Feiern das die Asiaten überhaupt? Und glauben die an das Christkind? Fragen über Fragen. Hier die Antwort. Die Weihnachtsdeko und -musikbeschallung sucht zuhause im Westen seinesgleichen. Ich habe noch nie so überladene und schrille Christbäume gesehen und tatsächlich trällert in jedem(!) Geschäft einschlägiges Liedgut a la "Last Christmas".
Weihnachten hat hier aber keinen religiösen Hintergrund vielmehr ist es ein importiertes Fest wie bei uns beispielsweise der Valentinstag oder Halloween. Von Bedeutung ist Weihnachten hierzulande vor allem für Pärchen. Man geht schick essen und schenkt sich was Nettes.
Familie besuchen ist dagegen nicht, und Feiertage sind das selbstverständlich auch nicht. Aber da ich für ein bodenständiges deutsches Unternehmen arbeite gabs am 26. ein zünftiges Weißwurstfrühstück im Office.

26.12. - 28.12. Kyoto Wochenende
Direkt am Freitag abend gehts dann mit den Ocean's 5* ab in den Nachtbus nach Kyoto. Sightseeingwochenende. Die Billigheimervariante. Der Unterschied zwischen Bus und Bahn beträgt ca. 15.000 Yen - und 5 Stunden Fahrtzeit.
In 2 Tagen haben wir dann ziemlich viele Tempel, den goldenen Pavillion und natürlich auch das Kyotoer Nachtleben etwas genauer unter die Lupe genommen. Eine sehr schöne Stadt. Ruhiger als Tokyo. Traditioneller.

30.12. Yokohama
Um 6 Uhr 30 steht Marina bestellt und nicht abgeholt an der Shinjuku Station. Wir (Ocean's 5 und ich) wollen spontan zum Mount Fuji, erfahren aber dass es keine Plätze mehr im Bus gibt. Also wird aus dem spontanen Fuji Trip ein spontaner Yokohama Trip.
Yokohama ist nach Tokyo die zweitgrößte Stadt Japans. Und glücklicherweise ein Vorort von Tokyo. Nach einer Bootstour haben wir dann 1.000 Yen für die Aufzugfahrt in den 63. Stock des Landmark Towers bezahlt.
Was sind schon 1.000 Yen...?

31.12 Silvester am Fujiyama
Jetzt aber... Hat es doch noch geklappt. Und tatsächlich hat die Sonne gelacht, nur Schwalben hab ich jetzt keine gesehen. Aber da war ich vielleicht auch zu weit weg, denn wir waren auch nicht auf dem Berg selbst - der ist in den Wintermonaten sozusagen geschlossen, sondern in Kawaguchiko von wo aus man vielmehr eine wunderschöne Sicht auf diese vollendetste Kegelform der Welt hat. Circa 300 Bilder später tuckern wir auch schon wieder nach Hause. Schließlich müssen Martina und ich noch nach passenden Outfits für einen stilvollen Jahreswechsel shoppen.
Womit wir zur zweithäufigsten Frage kommen: Naja... es ist nicht so wie bei uns. Die Böller fehlen halt... Neujahr ist in Japan so ziemlich das wichtigste Familienfest (so wie bei uns Weihnachten). Man geht zum Schrein und begrüßt zusammen den ersten Sonnenaufgang im neuen Jahr. So zumindest wurde es mir geschildert. Klingt nach toter Hose, irgendwie. Ich habe dagegen weit weniger traditionell meine sehr lebendige neue Hose (mit Dalmatinermuster - Shibuya sei gepriesen) aufgetragen und war mit den üblichen Verdächtigen in Roppongi auf der Piste.

So. Nachdem ich die komplette erste Neujahrswoche in Shibuya verbracht habe (es ist Winterschlussverkauf!) bin ich seit Montag wieder arbeiten, was die beengenden Verhältnisse
a) auf meinem Konto
b) in meinem Schuhregal
etwas entspannt. Die Prognosen fürs Wochenende stehen gut: 70%.
Nein meine Herren, das ist nicht die Niederschlagswahrscheinlichkeit. :-)

*Ocean's 5: Fast hätt ichs vergessen. Das ist die Truppe mit der ich die letzten 2 Wochen hier verbracht habe. Sehr lehrreiche 14 Tage. Ich weiß jetzt, dass Korea sehr gefährliche Bomben hat, dass einzig Lu die dogs rauslässt und dass man Miss Independent einfach lieben muss weil sie "her own thing" hat. Danke Jungs. War ne wirklich coole Zeit mit euch!